21. August - 5. September 2004 von Mazar/Xinjiang - Lhasa/Tibet

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Offiziell sind Einzelreisen in Tibet eigentlich verboten. Permits fuer Auslaender werden vor allem fuer die westlichste Region, den jahrelangen Zankapfel Aksai Chin (von China anektiertes und verwaltetes, aber von Indien beanspruchtes Gebiet) entlang des Ladakh-Gebirges nur zoegerlich ausgestellt. Ohne diese Bewilligung von PSB kann man keine Billets fuer einen Sitzplatz in den wenigen Busse erwerben und Lastwagenfahrer fuerchten die Konsequenzen, sollte man sie mit einem illegalen Reisenden an Bord erwischen. Trotzdem stossen wir unterwegs immer staendig auf Backpacker und sogar auf Velofahrer, die aber allesamt die Check Points umfahren und am Ziel dann einfach eine Geldstrafe zahlen - eine ungleich einfachere und oft sogar kostenguenstigere Methode. (Auch unsere Papiere werden auf eine Gruppe von 4 Fahrzeugen mit insgesamt 8 Passagieren lauten, von denen sich aber 3/4 in Luft aufgeloest haben und nur wir uebrig geblieben sind.) Die ganze Region, praktisch unbewohnt, ist von Militaer kontrolliert, deren Transporter Vortritt haben. Kein vernuenftiger Tourist brockt sich freiwillig Schwierigkeiten ein, indem er dies missachtet oder gar einen Uniformierten, eine Strassensperre oder ein Camp ablichtet.

Heute Samstag, 21.8., starten wir von Mazar aus um 8.00h - noch immer haben wir verhaengten Himmel und keine Chance, einen Blick auf den weiter suedlich gelegenen beruehmten (Goldwin Austin) K2-Gipfel zu werfen. Nachts muss die Temperatur unter Null gefallen sein. Uns geht es einigermassen, aber wir haben beide trotz gut verbrachter Nacht Kopfschmerzen. Unser Guide ist weiterhin am Sterben und doest den ganzen Tag ueber die schlechten Strasse vor sich hin. Wir bewegen uns staendig durch dasselbe Flusstal und es beginnt leicht zu regnen. Um 9.30h erreichen wir durch Schneegestoeber (obwohl noch 8o C) die Passhoehe von 4'959 m des Kirgizjangal Daban. Die jeweils unterwegs eingezeichneten Ortschaften koennen wir nicht ausmachen, hoechstens steht mal ein einsames Gebaeude als Trucker-Zwischenhalt am Weg. Gegen Mittag verspricht der Himmel etwas Aufhellung. Ab und zu ein Sonnenstrahl durch die starke Bewoelkung sorgt fuer einige ausdrucksvollere Fotos des riesigen Hochtals des Karakax He. Um 11.45 h erreichen wir mit nur noch 4'285 m und 13o C die zweite Passhoehe beim Koshbel Daban. Wir rattern und rattern ueber Schotterstrasse, durchqueren das Flussbett und machen nach 13.ooh im freien Gelaende in eindruecklicher Gegend Mittagshalt. 247 km nach Abfahrt durchfahren wir Dahongliutan (auf 4'240 m und 23o C Aussentempereatur), das sich noch einigermassen sauber praesentiert. Nach 274 km sind wir voellig perplex - der Iveco kocht. Fredy vermutet, dass wegen des starken Rueckenwind fast kein kuehlender Fahrtwind herrschte, denn ein Leck am Kuehler kann er nicht entdecken. Zum Glueck wiederholt sich der Vorfall nicht und wir erreichen nach weiteren 20 km problemlos den 5'205 m hohen Uebergang des Khitai Passes.

Was anschliessend folgt ist die bis anhin schlechteste Strasse, die wir je gefahren sind - durch unwegsames Gelaende, mit vielen herrlichen Ausblicken zwar - aber es ist kein Vorwaertskommen! Unsere Geschwindigkeit betraegt noch ca. 25 km/h ueber starkes Wellblech mit zusaetzlichen unzaehligen Loechern. Man kann sich jeweils auf verschiedenesten Spuren seinen Weg aussuchen. Immer glaubt man, den optimalsten gefunden zu haben, bis man auf das neue Stueck gewechselt hat und frustiert feststellt, dass die neue Wahl keinen Deut besser ist. Irgendwann haben wir dann die 160 km Oede hinter uns, aber entgegen unserer Angaben finden wir weit und breit kein Haus, wo wir den "kloenenden" Akbar fuer die Nacht loswerden koennten. Ich spuere wie auch Fredy die vielen Fahrkilometer in allen Knochen und bin wegen der Hoehe - immer auf 5'100-5'300 m - auf dem Hund. Nach 18.30h geht die Sonne rassig unter. Nur noch ein kurze Zeit im warmen Abendlicht, die umliegenden Gipfel davon vergoldet, verbleibt uns.
Aber wir haben kaum ein Auge fuer die Schoenheiten der Natur, denn die Piste erfordert volle Konzentration und erst recht, nachdem die Dunkelheit eingebrochen ist. Akbar stoehnt im Hinterteil, bringt es aber nicht fertig, einen Halt zu verlangen, sondern erbricht sich als Kroenung des Tages noch im Auto. Rechterhand von uns taucht ein recht grosser See auf - fragt mich nicht, welcher. Kurz danach erblicken wir endlich in einiger Distanz Lichter und treffen am Ufer eines weiteren kleinen Sees auf ein paar Huetten als Zwischenstation mit Uebernachtungsmoeglichkeit. Wir befinden uns auf 5'140 m - lieber haetten wir auf tieferer Hoehe uebernachtet, denn vor allem mir geht es nicht mehr sehr gut - ich kann nicht unterscheiden, ob es sich mal wieder um eine starke Migraene oder um Sympthone der Hoehenkrankheit handelt. Neben den "fransligen" Magennerven hat man zudem immer das Gefuehl, zu wenig Luft zu kriegen und muss sich beherrschen und langsam atmen.
Sonntag, 22. August: Laut Guide sind es noch 70 km schlechte und danach "gute" Strasse bis nach Ali. Aber das stellt sich als Wunschtraum oder Halluzination von Akbar heraus. Wir starten am Morgen (er immer noch am Sterben und verzweifelt, ob er sein geliebtes Kashgar je wieder sehen wird) und 15 km nach Start befinden wir uns schon auf 5'370 m Hoehe auf einem unbekannten Pass. Das Wetter hat sich gebessert und wir geniessen eine schoene Rundsicht - und nach gut 27 km dann weniger die Einsicht in den Motorraum: der Iveco kocht schon wieder, Ursache unbekannt. Also abkuehlen und Wasser auffuellen, bevor wir die Fahrt zu den wenigen Huetten von vermutlich Sumzhi nach 58 km fortsetzen koennen. Die Sicht auf den Lungma Tso See ist heute bei mehrheitlich blauem Himmel toll - eine Erholung von der bisher trockenen Gegend. Die Landschaft ist etwa gruener geworden, ab und zu erblicken wir eine Art Antilopen. Auch haben sich hier einige wenige Nomaden mit Zelten und Yak- oder Ziegenherden niedergelassen.
Seinen Weg sucht man sich nach wie vor selbst in Umgebung der eigentlichen, alle 5 km mit Wegsteinen gekennzeichneten Hauptstrasse. Immer wieder gibt es jedoch Stuecke an Abhaengen entlang, die kein Ausweichen erlauben. Nach 118 km Fahrt nach dem Mittagshalt wird unsere rechte hintere Seite ziemlich tief zerkratzt bei einem noch glimpflich abgelaufenen Ueberholmanoever mit einem LKW, der im letzten Moment nach links schwenkt. Wir schaetzen uns aber noch gluecklich, nur mit diesem blauen Auge, dem verunstalteten Schmetterlingsbild und der zertruemmerten Kaminabdeckung, davongekommen zu sein. Domar, nur noch auf 4'400 m und ausgerichtet auf die Versorgung der Passanten, passieren wir nach 160 km Tagesfahrt. Die Fahrt bleibt weiterhin muehsam und wenig abwechslungsreich, bis wir ans Ufer des Pang-gong Tso (See) kommen und ihn am Ostende umfahren. Niemand wollte von uns irgend ein Papier sehen seit der Abfahrt von Mazar. Als wir nun den Torbogen von Risum passieren, betrachten das als offizieller Eintritt in tibetische Gefilde und halten das mit einer Foto dokumentarisch fest. Auch diesen Ort, entlang der Hauptstrasse einige offizielle Gebaeude, ist ruhig und nur halb belebt. Die moderne Bauweise mit einem Teerstrueck durch den Ort hatte eine leise Hoffnung aufkeimen lassen, die sich aber schnell zerschlaegt. Die Strasse ist schlechter denn je, ein Riesen-Waschbrett ist zu ueberwinden mit wiederum Tempo 20-30 km/h. Als wir endlich ueber die letzte Kuppe kommen und Ali (auch Shiquanhe, Gar oder Senge Tsangpo genannt) glauben wir uns beim Anblick des quadratisch angelegten Ort in chinesischer Plattenbauweise mit nur wenigen Tausend Einwohnern, (ohne Flugplatz und im Winter von der Umwelt abgeschnitten) im falschen Film. Das Drahtseil vor dem Ort wird ohne Rueckfragen gesenkt, und wir rollen in diesen schmutzigen und desolaten Zipfel vom "Dach der Welt". Die Daemmerungs schreitet rasch vorwaerts. Die Suche nach dem Hotel wird dringend, denn es existiert keine Strassenbeleuchtung. Die Wasserversorgung wird hier abends ebenfalls abgestellt, so dass wir ein Problem haben mit unserem komplett leeren Wassertank. Das erste Haus am Ort, das Shiquanhe Hotel lehnt ein Stehen vor dem Gebaeude ab, das zweite gleichen Namens verweist unser grosses Vehikel auf einen entfernteren, uns wegen Dreck und Unueberblickbarkeit unsympathischen Staubplatz, wo Wasserfuellen ebenfalls absolut unmoeglich ist. Wir lechzen nach einer Dusche nach der ueber 9-stuendigen Fahrt und entschliessen uns, proforma ein Hotelzimmer zu mieten, um an Wasser zu kommen. Da erinnert man sich urploetzlich der von Staates wegen gewuenschten Foerderung des Tourismus, wird hilfsbereit und gibt uns einen Hotelboy mit, der uns zum kleineren Hotel Diwei Ying fuehrt, wo dann ein Hahn mit fliessendem Wasser bei Nacht kein Wunder mehr ist.
Schlapp und mit Kopfweh muessen wir am naechsten Tag eine Hiobs-Botschaft verdauen: Kein Guide praesent fuer die Fortsetzung der Reise am Dienstag und schon gar keine Permits vorhanden fuer Tibet! Da haben wir uns abgerackert und lange Tagesetappen gefahren, um ja den Zeitplan des Reiseprogramms (nach der temporaeren Schliessung der Strasse Yecheng-Mazar) einhalten zu koennen und erfahren nun, dass der neue tibetische Guide vielleicht morgen, uebermorgen hier sein wird - alles nur vage Aussagen von Mr. Ji Wensheng. Wir drohen, ohne Papiere loszufahren, aber viel wahrscheinlicher ist, dass wir gar nicht erst aus der Stadt herauskommen, da wir uns hier in einer sogenannt sehr "sensiblen" militaerischen Zone befinden. Angeblich werden heute die letzten Permits in Lhasa ausgestellt. Die Hauptstadt ist aber 2'000 km weit entfernt und Public Transportation ist kaum vorhanden. Wenn die wenigen Busse ueberhaupt starten oder nicht ausverkauft sind, brauchen sie, Pannen nicht eingerechnet, im besten Fall mind. 3 Tage bis nach Ali. Wir erhoffen uns Kopien per Fax der ausgestellten Bewilligungen, damit wir mit denen losstechen koennten, aber Ji Wensheng weigert sich, diese zu uebermitteln. Es zeichnet sich ab, dass er einen rechten Bock geschossen und schlichtweg vergesssen hat, die Permits zu beantragen. Zaehneknirschend muessen wir einsehen, dass wird diese Woche (und das noch im besten Fall) in diesem traurigen Kaff verbringen muessen und im wahrsten Sinne des Wortes im Sand gestrandet sind.
Es ist regnerisch und kuehl, die Webasto-Zusatzheizung, um die wir so froh waren, seit die Primus ausgestiegen ist, funktioniert auch nicht mehr. Wir duschen mit fast kaltem Wasser am Abend und unsere Laune bessert sich dadurch nicht. Wir koennen uns mit dem Hotel arrangieren und Strom fuer den Camper beziehen. Aber der Wagen laesst sich in der Kuehle kaum aufwaermen und bei Stufe II, die wir fuer die Erzeugung von Heisswasser brauchen, schmilzt die Hotel-Steckdose, an der noch die halbe Reception und die Hotelwaschmaschine haengt, und das Glueck ist in wenigen Sekunden aus. Die Reiseagentur offeriert deshalb die Uebernahme der Kosten eines guten Hotelzimmers sowie der Verpflegung waehrend der Wartezeit. Die Unterkunft im Shiquanhe (beste Kategorie) sieht beim ersten Anblick noch einigermassen aus, aber auf einen zweiten Blick erkennt man die Vernachlaessigung. Die Leintuecher sind grau, aber immerhin scheinbar frisch gewaschen. Heisswasser sprich lauwarmes Rinnsal hat man erst abends ab 22.ooh und das ganze Badezimmer inkl. Armaturen, obwohl noch nicht alt, ist verrottet und mehr als ungepflegt, aber anscheinend das Beste, was man hier kriegt. Dafuer haben wir seit Monaten zum ersten Mal Gelegenheit, fernzusehen und etwas weniges auf chinesisch von den Olympischen Spielen 2004 in Athen mitzubekommen.

Fredy hat sich entschlossen, die auferzwungene Wartezeit hier zu nutzen und die vielen Bruchstellen in der Motor-Stirnwand und am Armaturen- und Lenkrad-Traeger hier schweissen zu lassen. Dem guten und sorgfaeltigen Schweisser, der schon unsere Auspuffhalterung repariert hat, traut er auch die Reparaturen der heikleren Stellen am Auto selbst zu. Also faengt er an, das Armaturenbrett, die vielen Armaturen und Apparate und Kabel zu demontieren. Donnerstag, 23.8. ist der grosse Tag. Um 12.ooh Peking-Zeit stehen wir bei der Reparaturwerkstatt. Der Fachmann laesst sich ueberzeugen, dass er all die vielen Rissen schweissen kann und los geht das Brutzeln. Fredy rotiert mit improvisierten Schutzmatten, nassen Frottée-Tuechern und bietet Hand, waehrend der Schweisser loslegt. Er arbeitet zum Glueck erstaunlich sorgfaeltig, aber die Spritzer und der blaue Rauch beunruhigen mich doch. Wenn das nur alles gut geht - nicht auszumalen, wenn so einer der vielen Kabelstraenge durchschmort!
Ich mache indes zweimal eine Runde durch die vielen kleinen Laeden, die Autozubehoer und Montagematerial unsortiert in ihren Gestellen haben, um Schrauben, Muttern, Kitt und Kabelbinder fuer die spaetere Montage zu organisieren. Nachmittags um 17.ooh ist der letzte Funke geflogen und die Arbeit getan - Kosten 275.- Yuan total/ umgerechnet ca. Fr. 24.- fuers Schweissen und 8.- fuer Zubehoer. Nun ist Fredy dran, um das Steuerrad wieder notduerftig zu befestigen, damit wir wenigstens zum Hotel zurueckrollen koennen, wo wir uns erstmals entspannen. Zum zweiten Mal hier in Ali koche ich an diesem Abend wieder selbst im Camper und wir vermoegen nach einigen Tagen mit kribeligen Maegen wieder mit gutem Appetit zu essen. Am Freitagabend, oh Wunder (Fredy) ist alles wieder am richtigen Platz und funktioniert wieder, so dass der unermuedliche Mechaniker sich am Samstag noch beschchwingt der Berichtigung der Federbein-Einstellung annimmt.
Unser tibetischer Guide, Mr. Jinmi, ist gestern Sonntag-Nacht gegen Mitternacht mit den noetigen Papieren eingetroffen. Nach Auftanken und dem dazu noetigen umstaendlichen Geldwechsel (Im 1. Stock der China National Bank werden meine 200.- $ begutachtet, auf dem Acabus-Rechenbord mal ueberschlagen, wieviel RMB daraus resultieren. Dann muss ich einen Handbeleg ausfuellen, der anschliessend in einen Computer "eingetoeggelt" und dessen Resultat nochmals mit einer elektrischen Rechenmaschine ueberprueft wird, bevor ich den Gegenwert in Yuan entgegen nehmen kann.) sind wir gesattelt. Teerstrasse vom Feinsten bringt uns ueber einen ersten Huegelzug ins Gar He Tal, aber nach 73 km ist dieses wohlige Fahrgefuehl zu Ende. Bei Namru biegen wir nach 1 1-2 Std. suedlich ab und durchfahren als Einstieg resp. Umgewoehnung erstmal durch ein Bachbett. Vorbei an Steinbehausungen, dessen Bewohner in der Sommerfrische oben in den Bergen weilen, fuehrt uns eine Naturstrasse immer hoeher. Fredy gefaellt es bes ser als dem Guide und mir, die Short Cuts zu befahren. Wir zwei ziehen es bei einem steilen Stueck vor, die 5'415 m hohe Passhoehe wenn auch keuchend zu Fuss zu erklimmen, waehrend Fredy den Iveco im 4-Rad-Antrieb plus Untersetzung raufkriechen laesst. Die Aussicht zurueck, woher wir gekommen sind, ist irre.
Jenseits des Lhaktsang-Uebergangs machen wir Mittagspause - Fredy muss den Diesel-Hauptfilter austauschen, da er offensichtlich verstopft ist und immer wieder die Treibstoff-Zufuhr unterbricht. Runter ins naechste Tal auf einer noch recht akzeptablen Erdstrasse maessigt er dann seine Fahrweise und schont unsere Nerven. Ein grosses Vorwaertskommen aber ist es nicht - wir gewaertigen einen Schnitt von etwa 35 km/h, der sich bis zum Tagesende nicht verbessern soll. Ab und zu sehen wir entlang der Piste vereinzelte Zelte von Einheimischen, die ihre Yak-Herden weiden. Ansonsten bewegen wir uns meist alleine auf gut 4'500 m Hoehe.

Schliesslich endet die Strasse selbst und wird durch das sowieso vorhandene Flussbett ersetzt. Da rumpeln wir natuerlich noch langsamer uebers Geroell, aber wir muessen ja dankbar sein, dass es Trockenzeit und deshalb ein Durchkommen ueberhaupt moeglich ist. Links und rechts von uns eroeffnet sich nach einer Fahrt ueber das Hochplateau eine voellig neue Szenerie - Sandsteingebirge erodiert und geformt, wie im Price Canyon. Man koennte staendig fotographieren, so beeindruckend ist die Landschaft. Meist fahren wir ueber nun lehmigen Boden. Manchmal sieht man zum voraus gar nicht, wo der Fluss eine Passage zwischen den Bergen gefunden hat, bis man direkt davor steht. Zur Vertiefung sehen wir dann dieselbe Landschaft auch noch von der Gegenseite her, da Fredy mit Schrecken feststellt, dass er bei der Pinkelpause die Filmkamera vorne aufs Auto gelegt und dort vergessen hat. Also hoffen wir, die ein/zwei Fahrzeuge, die wir gekreuzt haben, haben den Apparat nicht gerade ueberrollt, und fahren 4 km zurueck, bevor es ihm in den Sinn kommt, ueberhaupt mal vorne am Camper zu kontrollieren, ob der Filmapparat eventuell am Kuehler-Schutzgitter haengengeblieben ist - was denn auch wirklich gluecklicherweise der Fall ist. Unser Tagesziel Zhada oder Zhanda sehen wir lange im voraus. Aber es braucht nochmals 20 km Fahrt, zuletzt ueber einen kleinen Staudamm, bis wir das Sutlej-Flusstal ueberwinden koennen. Der einstige Militaer-Kontrollposten dort ist nicht mehr aktuell. Wer glaubt's, hier hat es sogar eine Tankstelle mit Diesel zu erstaunlich nur Y. 4.96 pro Liter. Dafuer ist dann der Standplatz in diesem Kaff ueberrissen teuer. Er ist gleich teuer wie eines der schmudeligen Hotelbetten, sage und schreibe 90.- Y. pro Person.
Wir machen keinen guten Eindruck auf unsern neuen Guide. Zur vereinbarten Zeit poltert er um 8.ooh an unsere Tuere, und Baumanns haben verschlafen, und das nachdem Elektronik-Spezialist nach Gebrauchsansweisung seine Uhr auf Weckruf 6.45h gestellt hatte. Innert 25 Min. sind wir trotzdem abfahrbereit. Es ist ein sonniger Tag, noch steht der Vollmond schwach am Himmel und wir haben 8o C. Erst rattern wir 20 km nach Westen, bis wir die Ruinen der Hauptstadt des ehemaligen Guge Koenigreiches von Ngari, Tsaparang, erblicken. Die Ruinen aus dem 9. Jht. sind in den Berghang gegraben worden mit steilen Aufstiegen zu kloesterlichen Bauten, Hoehlenwohnungen und natuerlich zu den Koenigspalaesten. Noch im 10. Jht. ein bluehender Ort mit mehreren tausend Bewohnern in Ort und Umgebung, verfiel die Stadt Ende des 17. Jht. langsam. Die Chinesen haben dann waehrend der Kulturrevolution sich in tibetischen Kloestern ausgetobt, und auch hier sind die Zerstoerungen immens. Im Lhakhang Karpo (weisse Kapelle) sassen mal 22 lebensgrosse Statuen, von denen 6 verschwundensind und die restlichen stark beschaedigt wurden. Die beiden 5m hohen Waechter-Figuren, der rote Tamdrin (Hayagriva) und der blaue Chana Dorje (Vajrapani) haben ebenfalls gelitten, sind aber auch armlos immer noch beeindruckend, waehrend anstelle des riesigen Sakyamuni nur noch eine verschwindend kleine Ersatzfigur aufgestellt ist. Die Wandgemaelde blieben weder hier noch in der Lhakhang Marpo (rot) und in der Dorje Jirgjie Lhakhang verschont, sind aber weniger stark beschaedigt.

Je 105.- Y. lassen wir an der Kasse liegen, und da wir die ersten Besucher des Tages sind, steigt der Caretaker mit der Wasserkanne mit uns hoch, nicht nur, um uns die die Lhakhangs aufzuschliessen und zu ueberwachen, dass wir darin keine Fotos machen, sondern um heute die erneuten Goettergaben zu arrangieren - frisches Wasser und je ein Raeucherstaebchen. Dann koennen wir alleine die steilen Steintreppen hoch steigen und uns Zeit lassen zum Luftschnappen. Ein Tunnel bringt uns schliesslich auf die oberste Ebene, wo der Sommerpalast des Koenigs mit einer herrlichen Aussicht ueber die ganze bizarre Umgebung und das unter uns liegende restlich Tsaparang steht. Wir verzichten, die Winterhoehlen, viel weiter unten am Fluss zu besuchen. Angeblich muss man sich da sogar abseilen, bis man auf die unterste Ebene gelangt, von wo aus bei Belagerungen auch Wasser geschoepft werden konnte.
Wir machen uns um 11.15h auf den Rueckweg. Bereits ist es ueber 18oC warm. Mit zwei Tibetern von einem zusammengebrochenen Lastwagen an Bord erreichen wir Zanda, wo wir zur Sicherheit nochmals etwas Diesel nachfassen. Erst muessen wir ein bekanntes Stueck ueber den Staudamm zurueckkrebsen, dann aber drehen wir oestlich auf wiederum schlechte Naturstrasse. Auf der ersten Anhoehe mit Blick auf die Schneegipfel des Garkwal Himal essen wir im Freien im herrlichen Sonnenschen Zmittag, bevor wir die immer noch vor uns liegenden fast 200 km unter die Raeder nehmen. Durch beeindruckende Landschaft, allein schon wegen ihrer unendlichen Weite, rumpeln wir ueber Stock und Stein. Bewohnt ist das Gebiet auch hier nur im Sommer von Nomaden mit ihren Yak-Herden. Komplett durchgeruettelt stossen wir nach 116 km auf die Hauptverbindung, die von Ali direkt nach Darchen fuehrt. Aber auch die laesst zu wuenschen uebrig - kaum zu glauben, dass dies die Hauptstrasse ist. Anfangs ist das Trasse noch relativ gut, die Fahrspuren sind lehmig, aber jetzt natuerlich trocken. Dann nimmt rauhes Wellblech ueberhand, so dass der Camper in den Kurven immer leicht schwimmt und Fredy das Gaspedal zur Schonung meiner Nerven etwas weniger kraeftig druecken muss. Auch der Guide atmet auf, er hat schon genug gelitten, als ich heute 2 Std. lang mich am Steuer ueber die Berge gearbeitet habe. Um 18.ooh durchfahren wir Montser. Inzwischen sind wir auf einem riesigen eher gruenen Hochplateau, muessen immer wieder ueber kleine Bruecken oder mangels dieser durch Wasserfurts rollen. Der Verkehr nimmt zu, was soviel heisst, wie ab und zu kommt uns Vehikel entgegen.
Dann endlich erblicken wir in der Ferne den typisch beformten, verschneiten Spitz vom Mount Kailash (tibetisch Kang Rinpoche), 6'714m hoch. In vier Religionen (Hindusmus, Buddhismus, den Jains in Indien sowie bei der alten Boen-Religion von Tibet) ist dieser Gipfel ein Objekt der Verehrung und Ziel von Wallfahrern. Die Glaeubigen machen eine Kora, eine 3-taegige Umrundung der Basis dieses Berges im Uhrzeigersinn oder bezahlen arme Pilger, damit sie dies fuer sie erledigen. Zudem liegt der Kailash an der Schluesselstelle des tibetischen Plateaus. Vier wichtige Fluesse entspringen hier: Es fliessen suedlich der Karnali ( spater Ganges), noerdlich der Indus, westlich der Sutlej und oestlich der Brahmaputra. Dem Massiv zu Fuessen liegt der kleine unattraktive Ausgangsort Darchen auf 4'560 m Hoehe. Ort. Auch hier muessen wir im Manasarovar-Hotel wieder fuer das Hotelzimmer stolze 100.- Y. pro Person bezahlen.

Wir stehen vor 7.ooh auf. Es ist noch stockdunkel, der Vollmond leuchtet und ueberall Totenstille. Die vielen Klaeffer von gestern Nacht sind irgendwann verstummt und noch nicht erwacht, nur ein Touristen-Fahrzeug hupt und will aus dem verschlossenen Hotel-Compound gelassen werden. Kurz nach 8.ooh, jetzt bei Tageslicht und 6o C starten wir bergwaerts von Darchen zum Gyangdrak Monastry. Eine enge, gewundene Strasse bringt uns auf dessen Hoehe, von wo aus man einen phantastischen Blick auf den blauen Langa Tso und die Berge dahinter hat. Fuer dieses kurze Wegstueck benoetigen wir dann mal wieder eine Spezialbewilligung, die 50.- Y. pro Kopf kostet - hierzulande nimmt man es wirklich von den Lebendigen und schroepft die Touristen, wo immer man kann. Das zerstoerte Kloster befindet sich im Wiederaufbau. Angestellt dazu werden tibetische Bauern, die zwischen Aussaat und Ernte wie Saisonarbeiter hierher zur Arbeit kommen. Dabei verdienen sie je nach Einsatzmoeglichkeit 28.-/38.- oder max. 48.- Y. am Tag. Dazu kommt ein Bonus je fuer schwere Handarbeit, motivierte Einstellung oder Uebernahme von Verantwortung. Hier versuchen zum ersten Male die Leibspeise der Tibeter, Tsampa. Das ist eine Art Teig hergestellt aus geroestetem Gerstenmehl und Yak-Butter, gemischt mit Wasser, Tee oder Bier. Zu speziellen Festen hat ein Kegel dieses Tsampa noch eine Zuckersirup-Fuellung und wird noch zusaetzlich damit uebergossen.

Zweiter Tagespunkt ist der Besuch des Lake Manasarovar. Dazu muessen wir ausserhalb Darchen bei Barka erst einen Checkpoint passieren, der erste ueberhaupt seit dem Verlassen von Ali! Wir fahren zum Kloser Chiu, von wo aus wir den heiligen See, der ebenfalls oft von Pilgern umwandert wird, zum grossen Teil ueberblicken koennen.Danach rattern wir wie gehabt ueber wellblechige Naturstrasse und hoffen, dass wenigstens diese bescheidene Strassen-Qualitaet uns erhalten bleibt. Unterwegs stoppen wir zum Mittagessen, Fruechte, Salat und Toast, dazu Wurst von uns und Yak-Trockenfleisch vom Guide - wir tafeln gut. Den ganzen Tag rollen wir durch dieses tibetische Hochplateau, vereinzelt mal an Lehmhaeusern, oefters aber an Zelten vorbei. Ab und zu fliegt der ganze Camper meterweit, aber im grossen Ganzen kommen wir flott vorwaerts.
Frueher als erwartet erreichen wir schon um 18.ooh das kleine Hotel in Paryang. Es folgt das uebliche Prozedere vom Abend: Ich mache mich ans Tagebuch, Fredy macht Schraubenkontrolle. Dabei findet er nur Negatives. Der Auspuff ist schon wieder gebrochen, ebenfalls ist ein Federnblatt auf der rechten Seite hinten gerissen. Dann merkt er, dass er noch einen schleichenden Plattfuss hinten links hat und muss denselben vor dem Duschen auch noch wechseln.
Es faehrt Auto um Auto in den Hotel-Compound. Zum Apéro hat uns der Guide zwei Schalen einheimischen Buttermilch-Tee gebracht, der Fredy gar nicht schmeckt. Ich habe diesen Tee, gemixt aus Yak-Butter, Salz, Milch, Soda, Teeblaetter und heissem Wasser ganz gerne, wuerde aber nicht von Tee sondern eher von Suppe sprechen. Und so wie die Tibeter, als Morgenessen braeuchte ich ihn nicht. Zum Znacht essen wir Nudeln (in der Hauptsache) mit Gemuese und Yak-Fleisch (Spuren davon).

Donnerstag, 2. September: Wir stehen um 7.ooh bei 1,5o C Aussentemperatur auf. Nur gut, dass wir zwei teure Heizsysteme eingebaut haben, von denen jetzt keines funktioniert. Die Sonne hat einen Hof fast wie ein runder Regenbogen als wir um 9.ooh entlang dem Gung Gyu Tso fahren, in dessen Umgebung der Wind eigenartikg wirkende Sandduenen geschaffen hat. Wie immer befinden wir uns auf gut 4'500 m Meereshoehe, bringen zwei Paesse mit gut je 4'800 m hinter uns, bevor wir beim kleinen Kloster Zhabdun aus dem 7. Jht. fuer einen Zwischenhalt stoppen. Da holt uns auch die italienische Crew, mit denen wir am Vortag zusammengesessen hatten, wieder ein. Zusammen duerfen wir auch die Innenraeume des Tempels besichtigen und sogar ungeniert fotographieren. Wir ziehen wie immer die Aufmerksamkeit der Leute des nahegelegenen kleinen Ortes auf uns. Unser Auto ist bald von Volk umringt, von denen einige auch wagen, das Innere zu inspizieren und aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Das Tuepfchen auf dem i ist fuer sie, dass ich, eine Frau, mich anschliessend ans Steuer setze.

In Lhaktsang geniessen wir fuer 10.- Y pro Person geniessen wir sehr schmackhafte "fried noodles, vegetables and yak meat". Die Leute sind auch hier sehr neugierig, aber doch zurueckhaltend, und wir wehren uns fuer sie, als Simona's Guide, ein unangenehmer, mit allen Wassern gewaschener Typ, sie anschnauzt und aus dem Restaurant jagen will. Auch dieser Durchgangsort ist wie alle dieser Versorgungs-Stationen fuer Passanten trostlos und schmutzig - Plastik und Flaschen-Scherben lassen ueberall gruessen.
Es wird wieder ein langer und anstrengender Fahrtag. Unser Armaturenbrett quitscht wieder wie vor der Reparatur und der Quertraeger ist erneut gerissen. Bei der Einfahrt in Saga stoppen wir bei einer der kleinen Werkstaetten. Den erneut gerissen Buegel der Auspuff-Aufhaengung schweisst der Meister tiptop. Bei der Behebung des Plattfusses bekundet er mehr Muehe und muss in eine Stunde spaeter nochmals in Garantie erneut flicken.
Wir verabschieden uns am naechsten Morgen um 8.ooh von der Italiener-Crew und tanken zur Sicherheit noch Most bis Zhigatse, werden aber nach Saga durch den Checkpoint im Tatendrang unterbrochen. Bis sie die Papiere und Ausweise da studiert haben, wird es 9.oo h. Fuenf Paesse von 5'107, 5'087, 4'812, 4'743 und zuletzt nur noch 4'550 m stehen auf dem Tagesprogramm. Ueber die Strassenverhaeltnisse hatten wir uns keine Illusionen gemacht, so werden wir nicht enttaeuscht, wenn wir durch all die "Tuehlen" fast im Schritttempo rollen muessen. Ab und zu ueberholen oder kreuzen wir einen Laster oder Toyota Landcruiser. Wir geniessen eine sonnige Fahrt uebers Hochplateau. Wir sehen einige Boecke, ein paar der selten gewordenen Schwarzhals-Kraniche, grosse Raubvoegel, aber nur wenige Leute.
Gerade als wir zum Mittagshalt stoppen, merke ich, dass die Kuehlwasseranzeige leuchtet und wir zuwenig Kuehlwasser haben. Wir sitzen erst einmal friedlich an der Sonne, winken den Lastern zu, die wir frueher ueberholt haben und uns nun passieren und denken nichts Boeses. Zum Start dann fuellt Fredy Kuehlwasser auf, das im aber praktisch auf die Fuesse wieder rausrinnt. Nicht etwa ein Schlauch ist abgerissen, nein der Kuehler rinnt. Irgendwann hat es fuenf der acht Windfluegel-Blaetter abgerissen und in den Radiator gespickt, der nun leckt. Der Handyman Fredy baut die defekten Teile aus. Den Kuehler kann er mit Araldit dichten, den Ventilator muss er wohl oder uebel im defekten Zustand wieder einbauen. und wir hoffen, so ueber die restlichen Paesse bis nach Lhatse zu kommen.
Mit einer Fuhre Tibeter an Bord, die geduldig bei der Reparatur zugeschaut und auf eine Mitfahrgelegenheit gewartet hatten, starten wir dann schliesslich um 16.3oh. Ab Zangzang, wo uns die Einheimischen verlassen, ist das Auto wieder leichter, die Strasse nicht besser.

Kaum hatten wir das Werkzeug nach der Reparatur versorgt gehabt, hatte es zu regnen begonnen, und auch unterwegs sehen wir ueberall Tuempel von kuerzlichen Regenfaellen. So erwarten uns denn alle paar Kilometer Schlamm-Durchfahrten und lange bleibt der Schnitt unter 35 km/h. Eine Zeit lang muessen wir im Staub hinter dem einzigen Linienbus auf dieser Strecke fahren. Wenn es zu den grossen Nass-Stuecken kommt, wundern wir uns jedes Mal, wie souveraen er sich durchkaempft. Immer wieder stellen wir uns die Schweizer vor, wenn wir Ihnen Bilder der wichtigen Verbindung bis nach Lhasa zeigen werden - nicht mal unsere Wald- und Feldwege sind so schlecht wie hier die Hauptstrasse. Sukzessive kommen wir fuer einmal von den bis anhin ueblichen 4'500 m Meereshoehe unter 4'200 m. Wir durchfahren huebsche Doerfer mit schoen verzierten Haeusern. auf dem Dach die ueblichen "Antennen" mit kleinen Gebetsfahnen und andern Textilien. Je tiefer wir kommen, desto gruener wird das Tal. Es wird fast ausschliesslich auf den kleinen kultivierten Flaechen Gerste fuer den Tsampa oder das Bier (=Chang) angebaut. Und erstmals seit langem erblicken wir wieder Baeume. Wir erreichen schliesslich das Lhatse nach 19.30 h - eigentlich hatten wir gehofft, auch noch die knapp 160 km bis nach Zhigatse an diesem Tag zu schaffen. Aber unter den gegebenen Umstaenden sind wir schon so aeusserst zufrieden.

Auch heute starten wir wieder um frueh, aber diesmal erst zu einem Spaziergang durch Lhatse. Die Haeuser sind alle in einheitlichem Still gebaut, wenn man von der Imponier-Meile mitten durch den Ort absieht. Die weissgetuenchten, einstoeckigen Bauten haben unter dem Flachdach ein schwarzes Band rund ums Haus, das mit einem rostroten Holzriegel abgeschlossen wird. Alle haben sie zusaetzlich Sets von schwarzen und roten Streifen als Verzierung. Die alles umschliessende Hofmauer ist zuoberst mit Heizvorraeten bestueckt, manchmal Wurzelstoecke, meist aber aus Yakfladen geformte Ziegel, mit deren spezieller Aufschichtung man sogar ein Muster erwirkt. Unerlaesslich ist ein Baeumchen wie bei uns bei der Bau-Aufrichte auf jedem Hausdach. Jedes Jahr am tibetischen Neujahr wird dieses ersetzt, um Glueck zu erheischen. Am duerren Geaest werden dazu bunte Stoff-Fetzen befestigt (blau=Himmel/weiss fuer Wolken/gruen fuer Felder/gelb=Boden/rot=Feuer).
Jeden Tag denken wir, wir haetten schon alles an schlechter Strasse erlebt, aber die heutige Etappe hat es wieder in sich. Ausserhalb von Lhatse endet das bluffige Teerstueck. Die Dreckstrasse besteht nur noch aus langgezogenen Wellen mit oder ohne Wellblech, ueber die sich der Iveco bei mehr als gut 35 km unkontrollierbar aufschwingt. Der folgende Pass mit gut 4'500 m ist nur noch Kleinfutter fuer uns, nicht aber die schlimmen Passagen dazwischen wegen des Regens der vergangenen Nacht. Faszinierend, die manchmal bis auf doppelte Vehikelhoehe geladenen LKW, auf deren Fracht zuoberst immer noch unzaehlige Einheimische mit Sack und Pack hocken, durchwanken und doch nicht kippen zu sehen! Nach 50 km dann durch ein Flusstal Teerstrasse - und war fuer eine: Schlagloch an Schlagloch, vom Fluss unterspuelt und von den nahen Berghaengen mit Schlamm und Geroell ueberschuettet. Zum Glueck werden wir nach gut 20 km wieder von diesem groessten aller Uebel befreit. Es herrscht im bisherigen Vergleich ein reger Verkehr auf Shigatse zu. Da weite oede Land weicht immer mehr den Korn- resp. -Gerste-Feldern. Um 13.ooh parken wir auf dem Gelaende des Monasarovar Hotels und erholen uns erstmals vom Fahrgeruettel.
Um 15.30h oeffnet das Tashilhunpo Kloster wieder seine Pforten. Die beeindruckende Anlage thront ueber Shigatse und beherbergt heute noch etwa 800 Moenche. Es ist Samstag, und die Juengsten von ihnen sind mit Wischen der Kopfstein-Gassen beschaeftigt. Imposant ist die Chapel of Jampa, mit der 26 m hohen vergoldeten Statue des Buddha der Zukunft, Zampa (oder Meitreya), die unter dem 9. Panchen Lama 1914 in 4 jaehriger Arbeit von 900 Handwerkern gebaut wurde. Zugaenglich ist auch das Grab des 1989 verstorbenen 10. Panchen Lama. Dasjenige des 4. (1570-1662) mit dem 11 m hohen Gold- und Silber-Figur entging als Einziges den Beschaedigungen waehrend der Kultur-Revolution. Durch einen dunklen Tunnel und steile Treppen gelangen wir yum Kelsang Temple, das Herzstueck des Klosters aus dem 13. Jht. Ein grosser Gebetsbaum steht im Hof. In der schummrigen Gebetshalle sind um den Thron des Panchen Lama herum teppich-bedeckte Sitzbaenke fuer alle Moenche angeordnet. Von der Decke haengen auch hier unzaehlige Thankas. Die Innenkapelle enthaelt eine wunderschoene Figur des Sakayaumi umgeben von weiteren kleineren Statuen.

Ueberall sitzen im Halbdunkel Gebete die in dunkelrote Tuecher gekleidete Moenche. Die Juengeren sind mit dem Anfertigen von Dochten, Ueberwachen der brennenden Kerzen oder mit Reinigungsarbeiten beschaeftigt, die Aelteren wachen mit Argus-Augen, dasss niemand ohne Bezahlung ein Photo schiesst. Denn die Moenche hierzulande sind geschaeftstuechtig. Nach 55.- Y. Eintritt pro Person muss das Fotographier-Verbot in jedem einzelnen Gebaeude drinnen noch mit weiteren 10-20.- Y. pro Raum abgegolten werden! Die Moenche unterwegs in den Gassen sind freundlich und dem Fotografieren durchaus nicht abgeneigt. In einem geschlossenen Hof werden Tempeltaenze zu Hornklaengen aufgefuehrt - wir koennen aber leider nur einen kurzen Blick darauf werfen. Die langen Reihen der Messing-Gebetsmuehlen weit oben am Hang sind verlassen. Auch die 13-stoeckige Flaeche, an der bei Festivitaeten eine uebergrosse farbenfrohe Thangka praesentiert wird, ist leider leer.
War die Klosteranlage voller Touristen (in der Hochsaison soll es davon mehr als Moenche geben), sind wir in der tibetischen Altstadt, die wir nachher durchstreifen, praktisch allein. zum Nachtessen leisten wir uns Momos, gefuellt mit dem schmackhaften Yak-Fleisch.
Nachts hatte es in Shigatse wieder geregnet, aber im Laufe des Morgens hellt es auf. Fredy faehrt als Erster am Sonntagmorgen und kommt in Genuss von 80 km Asphaltstrasse, die aber sukzessive schlechter wird. Die direkte Hauptverbindung ist seit Urzeiten wegen Erdrutschen nach starken Regenfaelle zur Rekonstruktion geschlossen, was bedeutet, dass man anstatt 200 km auf geteerter deren 315 km auf uebelster Strasse faehrt. Der Brahmaputra hat hier schon eine stattliche Breite und zur Abwechslung mal eine intakte Bruecke darueber, die wir benuetzen, um nach Oyuk zu gelangen. Nach 104 km dann wird wiedermal ein Radwechsel faellig. Der schon 2x reparierte hintere linke Schlauch ist wieder nicht mehr dicht. Vor dem ueber 5'300 m hohen Suge La muessen wir einen verfruehten Zwangs-Mittagshalt einlegen. Der Motor wird wegen des beschaedigten Ventilationsfluegel heiss. Bei dieser Gelegenheit merkt Fredy, dass hinten rechts ein zweites Federnblatt gebrochen ist. Er fixiert das Federnpaket mit Draht behelfsmaessig, aber ich fahre dann den Rest der Naturstrasse noch vorsichtiger und wie auf Eiern.
Bei Yangpachen muenden wir in die Route 109 - eine praktisch perfekte Teerstrasse, auf der wir genuesslich und entspannt die restlichen 84 km zur Hauptstadt fahren. Eine letzte unbemannte Kontrolle und bald darauf rollen wir kilometerlang durch die mit Reklame bestueckte Jinzhu Lu entlang der typischen, hier etwas moderneren kleinen Werkstaetten der Handwerker, Geschaefte und Laeden. Beim Abbiegen in die Khangang Donglu dann erblicken wir am 5. September 2oo4 erstmals den hoch ueber der City gelegenen imposanten Potala, das Wahrzeichen von Lhasa.

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